Die TTR-Rangliste einfach erklärt

vom 04.03.2012 10:51 von Tim Digel

Die TTR-Rangliste kennt inzwischen wohl jeder, aber keiner weiß eigentlich genau was das ist. Man weiß nur, dass danach fast überall aufgestellt wird und dass sich die Punkte irgendwie kompliziert berechnen. Im Folgenden möchte ich euch relativ kurz und einfach erklärt das wesentliche Prinzip der Berechnung näher bringen ohne es dabei mathematisch zu übertreiben. Anschließend möchte ich noch auf ein paar weitere, kleine, aber wichtige, Details eingehen.

Die TTR-Berechnung (TTR = Tischtennis-Rating) ist zuerst einmal nichts neues, sondern vom Schach entliehen. Dort spricht man von Elo-Zahlen und Elo-Rangliste. Die Elo- bzw. TTR-Zahl bezeichnet den jeweiligen Punktewert eines Spielers. Dabei soll die Zahl ein Maß für die Spielstärke sein, ähnlich wie der IQ-Wert ein Wert der Intelligenz sein soll. Wichtig zu verstehen ist, dass man langfristig nur mehr Punkte bekommt, wenn man auch besser wird! Das ändert sich auch nicht, wenn man zum Beispiel in einer schlechteren Liga eine 15:1 Bilanz spielt, da man für die 15 Siege wenig Punkte bekommt und für die eine Niederlage sehr viel abgezogen bekommt.

Die Berechnung an sich ist recht einfach, auch wenn sie zum selbst kurz ausrechnen schon wieder zu kompliziert ist. Man geht davon aus, dass man für alle Spieler schon eine grobe Einteilung nach Spielstärke hat, zum Beispiel auf Grund der Liga-Einstufung oder anderen Daten. Das ist wichtig, da zu Beginn der Berechnung jeder Spieler schon eine TTR-Zahl benötigt. Deswegen bekommen neue Spieler auch immer eine Zahl anhand ihrer ersten Ligaeinstufung zu gewiesen.

Ausgehend von den Startwerten wird nun jede Punktzahl eines Spielers ständig aktualisiert, was natürlich auf Grund der gespielten Einzel geschieht. Wenn Spieler A gegen Spieler B spielt und zum Beispiel gewinnt, sagt das ja etwas über die Spielstärker aus, in erster Linie, dass Spieler A an diesem Tag besser war. Auf Grund dieses Spiels werden nun Punkte verschoben, womit wir zum Kern der Berechnung kommen.
In der Regel werden pro Einzel maximal 16 Punkte umverteilt. In diesem Zusammenhang hat man den Begriff Änderungskonstante schon gehört, die in bestimmten Fällen höher als 16 ist, dazu später noch mehr.

Wie viel Punkte jetzt genau bei einem Sieg zu meiner aktuellen TTR dazu kommen oder bei einer Niederlage abgezogen werden, hängt von der sogenannten Gewinnwahrscheinlichkeit ab. Die Gewinnwahrscheinlichkeit gibt in Prozent an, wie wahrscheinlich es ist, dass ich gegen meinen Gegner gewinne. Diese Wahrscheinlichkeit wird dabei auf Basis des aktuellen TTR beider Spieler berechnet.
Vorweg, jedem wird es natürlich einleuchten, dass wenn beide Spieler die gleiche TTR-Zahl haben, die Gewinnwahrscheinlichkeit 50 % ist. Wenn die Zahl des Gegners höher ist als meine Eigene, ist natürlich die Gewinnwahrscheinlichkeit entsprechend weniger als 50 %, umgekehrt genauso. Was vielleicht den meisten auch noch klar ist, dass die Gewinnwahrscheinlichkeit beider Spieler zusammen natürlich 100% ergeben muss, weil es ja kein Unentschieden gibt. Es muss ja ein Spieler gewinnen, etwas anderes kann nicht eintreten.
Die Gewinnwahrscheinlichkeit, dass Spieler A gewinnt, bezeichnet mit , berechnet sich mit folgender Formel, die man auch getrost nicht anschauen braucht:



Hier sieht man jetzt, dass nur die TTR beider Spieler in die Berechnung eingehen (bezeichnet mit und ) und dass es hier nur auf die Differenz, also den Abstand der Punkte ankommt. Somit ergeben die TTR-Werte von 1500 mit 1550 eine gleiche Gewinnwahrscheinlichkeit wie Werte von 1750 und 1800. Falls sich noch jemand fragt was die 150 in der Formel tut: Diese Zahl ist vereinfach gesagt für die Größe der Skala (der X-Achse) verantwortlich und gibt damit auch an wie Steil die Gewinnwahrscheinlichkeit zunimmt.

Wenn man die Gewinnwahrscheinlichkeit einmal weiß, ist es zu den Punkten nicht mehr weit. Man multipliziert einfach diesen Wert mit der Änderungskonstante, also meistens den 16 Punkten. Wenn die Wahrscheinlichkeit zum Beispiel bei nur 6 % liegt, bekomme ich also 15 Punkte ((1 - 6 %) * 16 = 94 % * 16 = 0,94 * 16 = 15) für ein Sieg, für eine Niederlage wird mir 1 Punkt abgezogen. Hier ist jetzt wichtig zu verstehen, dass ich bei kleiner Gewinnwahrscheinlichkeit natürlich mehr Punkte bekomme, deswegen wird in der Berechnung der Punkte bei einem Sieg 100% - gerechnet und dann mit der Änderungskonstante multipliziert. Ist die Gewinnwahrscheinlichkeit hoch (weil ich mehr Punkte als mein Gegner habe), ist 100% - klein und es gibt nur wenig Punkte. Die Formel hierzu:



Hier ist jetzt K die Änderungskonstante, also meistens 16. Man sieht auch, dass bei einer Niederlage, einfach der zu 16 fehlende Rest abgezogen wird. Kleines Beispiel: Wenn meine Gewinnwahrscheinlichkeit groß ist, bekomme ich bei einem Sieg wenig Punkte dazu, angenommen nur 2 Punkte. Bei einer Niederlage bekomme ich natürlich viel Punkte abgezogen, in dem Fall der zu 16 fehlende Rest, also 14, mit negativem Vorzeichen, da ich Punkte verliere.

Das folgende Diagramm zeigt die Punkte für ein Sieg (blau) oder Niederlage (rot) bei 16er-Änderungskonstante:



Auf der horiziontalen Achse ist die Differenz der Punkte zu meinem Gegner aufgetragen, die blaue Kurve beschreibt einen Sieg, die rote Kurve eine Niederlage. Zum Beispiel ist bei -200 Punkte Differenz (ganz links im Schaubild) mein Gegner ja besser, weswegen ich bei einem Sieg (blaue Kurve) viele Punkte erhalte und bei einer Niederlage (rote Kurve), nur wenig Punkte abgezogen bekomme.

Ein weiterer Punkt ist der, dass das System symmetrisch ist. Also egal ob ich Spieler Hans in der Formel als Spieler A oder Spieler B bezeichne, es kommen immer die gleichen Werte raus. Die Punkte, die der Verlierer abgezogen bekommt, bekommt der Gewinner in gleicher Höhe gut geschrieben, sofern natürlich beide Spieler die gleiche Änderungskonstante haben. Das System an sich ist also quasi nicht inflationär, es werden durch die Neuberechnung auf Grund von Einzelergebnissen meistens keine Punkte geschaffen oder vernichtet, sondern immer nur umverteilt.

Wenn man die Berechnung der Gewinnwahrscheinlichkeit und die Tatsache wie ich daraus zu meinen Punkten komme einmal verstanden hat, gibt es nur noch ein paar winzige Details um zur praktizierten Berechnung zu kommen.

Einer davon ist die Tatsache, dass innerhalb einer Veranstaltung der TTR-Wert aller Spieler fest bleibt. Der TTR wird also nach dem ersten Spiel in einem Turnier oder Ligaspiel nicht neuberechnet. Das heißt, beim zweiten Spiel wird die Gewinnwahrscheinlichkeit mit dem anfänglichen Wert errechnet und nicht mit dem evtl. jetzt schon durch das erste Spiel veränderten neuen TTR-Wert. Dies wird wohl zum einem aus Fairness Gründen so gehandhabt, weil es dadurch unerheblich ist, zu welchem Zeitpunkt in einer Veranstaltung ein Spiel stattfindet und zum anderen wohl einfach aus technischen Gründen, da bei Ligaspielen und vor allem bei Turnieren natürlich die Uhrzeiten der Spiele und damit die genaue Reihenfolge einfach nicht erfasst werden.

Des Weiteren werden die Punkte anhand der Gewinnwahrscheinlichkeit für eine Veranstaltung auch im Block berechnet und nicht pro Spiel einzeln. Dadurch hält man den Rundungsfehler klein. Manche kennen das Prinzip, dass man natürlich einzelne Werte zuerst addiert und dann rundet. Würde man zuerst runden, zum Beispiel bei zwei Zahlen runde ich zwei Mal auf und mache dann die Summe, ist der Rundungsfehler am Ende größer. Ein Beispiel hierzu: Spieler A spielt gegen die Spieler B1 und B2 und verliert gegen B1 und gewinnt gegen B2.



Hier sieht man, dass die Einzelberechnungen zusammen -10 ergeben, die tatsächlich praktizierte „zuerst-addieren-dann-runden“-Praxis nur -9.

Ein weiteres Detail ist die Höhe der Änderungskonstante. Diese ist wie schon erwähnt in der Regel 16, bei manchen Konstellationen ist es aber wünschenswert mehr Punkte umzuverteilen, zum Beispiel bei Spielern, die bisher nur wenige Einsätze hatten und damit eine schlecht eingependelte TTR-Zahl besitzen. Anderseits haben zum Beispiel jüngere Spieler größere Leistungsveränderungen, wodurch auch eine schnellere Anpassung erwünscht ist.

16Normal
20Spieler unter 21 Jahre
24Spieler unter 16 Jahre
+4wenn weniger als 30 Einzel bisher gerechnet wurden
+4für die nächsten 15 Einzel, wenn ein Jahr lang nicht am Spielbetrieb teilgenommen wurde.


Maximal ist also eine Konstante von 32 möglich, zum Beispiel für ein neu angemeldeten 12 Jährigen.

Soweit einmal an dieser Stelle. Für weitere Fragen und Probleme stehe ich gerne zur Verfügung.
Autor: Tim Digel

Bericht  

Kommentare

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sakdlöakd d.
am 20.05. um 20:11 Uhr
Andreas Weise
am 29.01. um 15:28 Uhr
Prima Tim endlich einmal jemand, der dieses Thema mal einfach erklärt. Wir kennen uns zwar nicht, haben allerdings 2 Dinge gemeinsam einmal IT und Tischtennis.
Ich habe auch eine TT-Seite, da teste ich in Abständen Materail. -> https://tischtennisschläger-test.de oder auf Instagram unter tabletennis.andreas.weise
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